Lange habe ich es vor mir hergeschoben. Lange schon wollte ich den ersten Blogartikel posten. Spannenderweise habe ich den zweiten, dritten und vierten Post seit einer ganzen Weile fertig. Nur der Erste, der wollte so gar nicht. So ähnlich wie mit der Steuererklärung lag er mir auf dem Magen. Ich habe gefühlt alle zehn Minuten dran gedacht und in Gedanken bin ich mit beidem, der Steuererklärung und dem Blogartikel schon mindestens seit 6 Monaten fertig. Aber sapperlot, jetzt ist es eins vor zwölf. Nächste Woche ist der Mutterschafts «urlaub» vorbei und ich beginne wieder mit der «Arbeit». Ich hab mir GANZ FEST vorgenommen, den ersten Artikel vor meinem Start zu lancieren (etwa genau so fest, wie die Steuererklärung zeitgerecht einzureichen – also natürlich inklusive Verlängerung und den ungefähr berechneten 14 Tagen wo der Kanton braucht um einen zu mahnen - und dann noch die 14 Tage Aufschub wo sie einem netterweise geben UND die paar Tage "Verspätung" die entschuldigt werden...Sorry Zürich). Jetzt sitz ich hier und schreibe. Endlich. Über Prokrastination oder eben das Aufschieben von Dingen, wo man erledigen sollte. Es gibt eine unglaubliche Anzahl an Studien zum Thema. Die meisten mit Studenten durchgeführt. Es erstaunt auch nicht weiter, dass im Alter zwischen 18 und 29 am meisten angegeben wird zu prokrastinieren. Wer von uns die Schulbank gedrückt hat, kann gut nachvollziehen, dass Studenten ein idealer Versuchspersonenpool bilden. Wieso heute lernen, wenn es noch 5 Monate bis zur Prüfung geht? Abschlussarbeit? Ich hab noch 5 Wochen, das macht 35 Tage und wenn ich die Nächte der letzten 7 Tage dazuzähle und 16 Stunden Tage habe, macht das immerhin noch 620 Stunden. Reicht looocker. In der Praxis sehe ich aber lange nicht nur Personen in ihren Twenties die unter Aufschieberitis leiden. Das Problem scheint auch in anderen Alterskategorien gut vertreten zu sein. Es ist Teil unseres Lebens und in einem gewissen Rahmen auch nicht belastend sondern schützend. Wenn es aber daran hindert, seine Ziele zu erreichen oder im schlimmsten Falle gar zu finanziellen oder psychischen Problemen führt, dann muss eine Lösung her. Ein wichtiger erster Lösungsansatz ist, das eigene Aufschieben zu verstehen. Meine Steuererklärung als Beispiel: Schwierig ist es ja nicht. Schliesslich muss ich online eigentlich nur die Zahlen ändern. ABER jedes Jahr fehlt mir irgendein Dokument. Und dem muss ich dann mühsam nachrennen. Ich werde also mit meiner Unorganisiertheit konfrontiert. Das mag ich nicht. Oder dieser Post: Ich hatte den Anspruch, dass er super duper mega toll sein soll. Am liebsten perfekt. Und mit diesem Anspruch im Nacken habe ich gar nicht erst begonnen. Wusste ich doch irgendwie, dass dies nicht möglich sein wird. Den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen, bzw den Anspruch mit einem einzigen Sprung oben am Berg anzukommen kann ein weiterer Grund sein. Kleine Babyschritte sind häufig ein guter Start. Eine depressive Verstimmung kann ein Auslöser sein, Aufgaben vor sich hin zu schieben. Umgekehrt kann das Aufschieben auch zu Angst, Schlafproblematiken und depressiver Verstimmung führen. Und natürlich die uns bekannten Themen wie Ablenkung durch TV, Social Media, die dreckige Küche oder der Wäscheberg – Zeiteinteilung kann hier helfen. Verhaltensänderung ist kein Sprint, es ist ein Marathon. Es ist möglich, aber man muss trainieren. Als erstes muss ich aber herausfinden, was ich trainieren muss und wo ich ansetzen kann und soll. Und vielleicht muss ich auch den Sport wechseln und mich nicht dem Joggen sondern dem Radfahren widmen. Die Gretchenfrage ist darum immer: Wieso schieb ich etwas vor mir her? Was ist mein "Gewinn"? Wenn ich das weiss, kann ich mich dem konkreteren Problem widmen. So, jetzt geh ich Wäsche aufhängen.
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